BERICHT MARTIN SPREITZER

Die vergangenen 50 Jahre aus meiner Sicht

 

*    Vor 50 Jahren war ich gerade neuneinhalb Jahre alt und hatte schon dreieinhalb Jahre voller musikalischer Sehnsucht hinter mir. (seit ich sechs Jahre alt war träumte ich davon Klarinette zu lernen. Das Schlüsselerlebnis: als mein Bruder Franz als erster meiner vier Brüder am Karsamstag das erste Mal im Musikgewand außer Haus ging..)

*    Vor 47 Jahren war es dann soweit: ich durfte ein Instrument lernen. Klarinette war von Anfang an klar und ich hatte das Glück, dass anscheinend gerade Klarinetten gebraucht wurden. Bei Hans Zitz (Blachl-Hansl) bekam ich die musikalischen Grundbegriffe mit (die Freude zur Musik musste nur noch unterstützt werden..) und nach einem Dreivierteljahr war es dann soweit: Ich musste (oder durfte) vor dem Kapellmeister Bartl Hollerer das Erlernte vorspielen. Das war so eine Art Aufnahmeprüfung und dementsprechend nervös war ich. Mein Bruder Hans, der ein halbes Jahr früher begonnen hatte, stand mir bei. Ich kann mich noch, wie wenn es heute wäre, daran erinnern. Bartl war für mich die Respektperson. So ist auch der Beginn des vorzuspielenden Stückes (Ruetz-Marsch) kräftig „in die Hose gegangen“…. Trotzdem wurde ich letztlich in die Gemeinschaft der Musikkapelle aufgenommen und nach einigen Proben (noch im Dachgeschoss des Gemeindehauses) konnte ich mitmarschieren.

*    Sehr bald wurde mir klar, dass die anderen Musikanten auch alle „nur mit Wasser kochten“ und mein Selbstvertrauen wuchs zusehends. Hansl war dabei immer mein Mentor und als er merkte, dass Gesang auch bei mir und meinem Bruder Hans eine große Rolle zu spielen begann (in unserer Familie wurde immer gesungen, oder gepfiffen…) fragte er uns ob wir nicht dem Kirchenchor beitreten wollten. Die Antwort war natürlich -Ja-, zumal alle unsere Brüder auch dabei waren.

*    Ab da ging’s so richtig los… Immer Musik und Gesang, immer Gaudi, immer lustig… der Spaß war grenzenlos und auch die Ideen. Mit 15 Jahren hatte ich in meiner Naivität das Gefühl „der Größte“ zu sein. Dann kam der erste Schock: Jungmusikerleistungsabzeichen stand am Programm und ich dachte mir sowieso alles locker zu schaffen. Theorie war ja kein Problem, aber – der Praxislehrer Gottfried Pausch sagte mir nach dem ersten Vorspiel, dass ich zwei Möglichkeiten hätte: Entweder ich übe ab jetzt „ordentlich“ oder ich lege das Instrument zur Seite und vergesse die musikalische Laufbahn. Den Tränen nahe ging ich an diesem Tag nach Hause und hatte für mich aber schon beschlossen: …Dir werd‘ ich’s zeigen…! Ab da jeden Tag 6 Stunden üben, die Blattstärke von 2,5 auf 5 steigernd, alle Übungsstücke bei einem Fehler wieder ganz von vorne beginnend so, dass sogar meine Mutter, die uns immer unterstützte, mir mit dem „Einheizen“ meiner Klarinette drohte, wenn ich so weitermache… Letztlich die Prüfung und – eine Auszeichnung -. Ein schwaches Kompliment von Gottfried Pausch aber ein großes von unserem Kapellmeister Bartl Hollerer und eine neue Klarinette als Geschenk. Heute denke ich mir oft: …was wäre gewesen, hätte ich aufgegeben…

*    Gereift und doch ein bisschen demütiger wurden die ersten Kleingruppen gegründet, da ja Musikkapelle und Kirchenchor alleine „zu wenig“ war… Ein Trio mit steirischer Harmonika, Posaune und Klarinette („Stoakogler-Trio“ als Vorbild), ein Gesangsquintett mit den Brüdern, nebenbei eine „Kern-Buam-Besetzung“ für bunte Abende und als Musi für alle Anlässe (z.B Brautaufschießen bei Hochzeiten…) Die Vereinsgründung, die 900 Jahr-Feiern, die ersten „großen Zeltfeste“ organisiert von der sehr umtriebigen Vereinsführung wurden ebenso mit Begeisterung umrahmt wie die ersten Rundfunkauftritte (Beispiel: Ferienmagazin…).

*    Die Berufsentscheidung wurde „natürlich“ auch unter dem Aspekt der musikalischen Tätigkeiten und Pflege der ortsbezogenen Traditionen getroffen. Funktionen wie Landjugend-Obmann-Stellvertreter wurden quasi nebenbei ausgeführt.

*    Das Jungmusikerleistungsabzeichen in Silber musste schon neben der Berufslehre absolviert werden, und wurde mangels Probenzeit „nur“ mit sehr gutem Erfolg absolviert.

*    Der Beitritt zur ersten Tanzmusikgruppe („die lustigen Heuboasa“) ließ nicht lange auf sich warten. Aushilfen bei Oberkrainergruppen (z.B. Hochlandvagabunden) häuften sich. Im Hintergrund aber immer die „Basis“: …die Blaskapelle, der Musikverein…

*    Vorne dabei bei der Gründung von später nicht unbekannten Gruppen wie „Rantner Männerquartett“, „Gemischter Chor Ranten“, „Rantner Tanzlmusi“ folgten und füllten die Wochen mit Proben und die Wochenenden mit Auftritten.

*    Dann wurde vom Verein beschlossen die Ausbildung der jungen Musiker zu reformieren und die Frage, ob ich da neben meinem Freund und Großcoussin Erwin Spreitzer als „Musiklehrer“ fungieren möchte ehrte mich sehr. Mit Freude versuchte ich jungen Leuten meine Liebe zur Musik und mein (bescheidenes) Wissen weiter zu geben.

*    Als dann 1989 die Frage von Bartl Hollerer kam, ob ich denn die Funktion des Kapellmeisters übernehmen wolle, bejahte ich nach relativ kurzer Bedenkzeit, da mir zugesagt wurde, jederzeit wieder aufhören zu können…. Ein persönliches, aber auch die Musikkapelle betreffendes tragisches Ereignis überschattete mein junges Kapellmeisterdasein: Mein Bruder Hans verunglückte im 29. Lebensjahr tödlich. Er, der überall einsetzbar war und mich mit seiner ehrlichen Kritik immer wieder aus meinen Träumen zurück in die Realität holte, war plötzlich nicht mehr da. Was da in Einem passiert, kann man kaum beschreiben. Fest steht: Es ändert sich alles…

*    Rückblickend kann ich sagen, dass ich in keinem anderen Lebensabschnitt soviel gelernt habe wie in den vier Jahren als Kapellmeister des Musikvereines Ranten. Viele Fehler machend, in einer schwierigen Zeit des Umbruchs (die jungen Musiker wollten nicht immer nur Märsche, Polkas und Walzer spielen..) agierend, mit wenig Führungstalent ausgestattet musste ich letztlich erkennen, dass die Energie und Zeit zur Umsetzung all meiner Vorstellungen nicht reicht. Auch das Probelokal (schon vergrößert, aber noch immer im Dachgeschoss des Gemeindehauses) platzte aus allen Nähten. Nach vielen Ideen entschied man sich für den Ausbau des Schutzraumes in der neu errichteten Volksschule und wurde mit enormen Eigenleistungen umgesetzt. Der sehr aktive Obmann Peter Tonner beendete seine Tätigkeit und sein Stellvertreter Johann Kranner übernahm diese Funktion unter der Bedingung, dass so rasch wie möglich ein Obmann gesucht wird.

*    Das war mit Sicherheit eine schwierige Zeit für mich und den Verein. Ich war derart „ausgepowert“ dass ich sogar (allerdings nur kurz) überlegte, meine musikalische Laufbahn zu beenden.

*    Neuer Kapellmeister (Franz Schweiger), neuer Obmann (Werner Pausch), neuer Schwung, und ich froh, dass ich „nur“ in der Kapelle zwischen den Klarinettisten-KollegInnen zu sitzen brauche, meinem Hobby nachgehen und den vorne stehenden Kapellmeister unterstützen kann. Trotzdem musste ich der Belastung Tribut zollen und (fast) ein ganzes Jahr pausieren….

*    Wieder neuer Kapellmeister (Erwin Spreitzer) und wieder neuer Schwung. Diesmal pädagogisch. Erwin als Musiklehrer und Militärmusiker sowieso meiner Meinung nach der einzige wirklich geeignete Kapellmeister. Im Bezirk und sogar bundesweit laufend Umbrüche und Generations- wechsel aufgrund der sich rasant ändernden Anforderungen und des sich enorm steigernden musikalischen Niveaus. Der Neubau des Musikheimes wird durch die perfekte Vereinsführung ebenso problemlos durchgeführt wie die Einrichtung der Filiale der Musikschule.

*    Auch unter Nikolaus Feiel, Richard Wallner und danach wieder Erwin Spreitzer sowie derzeit unter Thomas Spreitzer bin ich dankbar und froh, dass wir in Ranten in der Lage sind, immer wieder Kapellmeister und Obleute (aktuell Tanja Zotter) zu finden, die in der Lage sind die Traditionen zu wahren und neue Ideen in den Verein einzubringen. Es macht nach wie vor Freude, diese nach Kräften zu unterstützen, den musikalischen Nachwuchs zu sehen und die Entwicklung des Vereins zu verfolgen.

*    …Auf die nächsten 50 Jahre…..